Dass eine Flugverspätung bei Unwetter nicht zwangsläufig zur Entschädigung berechtigt, ahnt man ohne Blick ins Gesetz. Wäre es anders, müsste eine Fluggesellschaft sogar bei höherer Gewalt zahlen – und zwar auch solcher vom Format eines Vulkanausbruchs. Und in der Tat hat eine Airline nicht für Flugunregelmäßigkeiten einzustehen, wenn etwa die Aschewolke Eyjafjallajökulls den europäischen Luftverkehr lahmlegt. So entschied es der Europäische Gerichtshof bereits mit Urteil vom 31.1.2013 (C-12/11).

Dabei wendet die Rechtsprechung die Fluggastrechte-Verordnung durchaus konsequent an. Denn vereinfacht gesagt sieht deren Art. 5 vor, dass eine Entschädigung ausscheidet, wenn eine Flugunregelmäßigkeit aus unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen resultiert. Was alles als unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstand gilt, erschließt sich dabei zwar nicht unmittelbar. Bei einem Vulkanausbruch wird man allerdings unschwer bejahen, dass dessen Aschewolke weder alltäglich noch verhinderbar ist.

Wie verhält es sich aber bei anderen Wetterlagen? Um das zu beantworten, muss man sich zunächst vergegenwärtigen, wann eigentlich eine über dreistündige Flugverspätung bei Unwetter droht. Zwar sind leichte witterungsbedingte Verzögerungen bereits bei gewöhnlichen Wetterlagen denkbar. Grundsätzlich sind Flugzeuge aber dafür gebaut, auch stärkeren Turbulenzen zu trotzen. Eine Maschine bleibt nicht am Boden, nur weil es regnet, gewittert oder schneit. Damit ein Flug sich also erheblich verspätet oder gar ausfällt, braucht es in aller Regel besonders stürmische Zustände, die die Flugsicherheit ernsthaft gefährden. Meist handelt es sich um Orkanböen oder beträchtliche Schneestürme, die eher selten auftreten. Gleiches gilt für dichten Nebel und Sandstürme, sofern sie am Start- oder Zielort nicht regelmäßig vorkommen.

Insofern spricht in Fällen einer beachtlichen Flugverspätung bei Unwetter einiges dafür, hierin generell einen außergewöhnlichen Umstand zu sehen. Etwas anderes gilt nur, wenn eine einzelne Maschine unter Verweis auf das schlechte Wetter am Boden bleibt, alle übrigen Flüge auf der gleichen Verbindung aber planmäßig durchgeführt werden.

Für Betroffene mag dieser Befund ernüchternd wirken. Immerhin sind Verspätungen im Ergebnis gleich ärgerlich, egal ob sie auf einem technischen Defekt oder einem Sturm beruhen. Soll eine Airline also bei höherer Gewalt von allen Pflichten entbunden sein und es dabei sein Bewenden haben? Auch die gesetzliche Antwort hierauf lautet: jain.

Wie oben erwähnt, entfällt der Entschädigungsanspruch nämlich nicht allein wegen eines außergewöhnlichen Verspätungsgrunds. Zugleich muss es der Fluggesellschaft in solchen Fällen unmöglich sein, auf zumutbare Weise die Störung zu beheben oder zu umgehen. Bezogen auf eine Flugverspätung bei Unwetter heißt das unter anderem, dass die Airline in der Pflicht steht, einen Sturm zu umfliegen, falls das in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof geht sogar noch weiter. Lässt sich ein Unwetter voraussagen, kann nach seiner Ansicht eine Fluggesellschaft sogar gehalten sein, ihren Flug vorzuverlegen, um eine rechtzeitige Ankunft sicherzustellen (BGH, Urt. v. 14.10.2010Xa ZR 15/10).

Man kann also nicht pauschal sagen, dass eine Flugverspätung bei Unwetter keinen Entschädigungsanspruch vermittelt. Wir empfehlen betroffenen Fluggästen deshalb, ihren konkreten Fall von unserem Entschädigungsrechner überprüfen zu lassen.