Nicht jede einzelne Verspätung oder Annullierung eines Fluges berechtigt zu Ausgleichszahlungen von 250-600€ gemäß Fluggastrechte-Verordnung. Fluggastrechte sind bislang nach deutscher und europäischer Rechtslage nur bei besonders erheblichen Flugunregelmäßigkeiten vorgesehen. Deswegen gibt es eine Vielzahl von Fällen, in denen eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist.

Damit Flugreisende aber immerhin den Überblick haben, wann ein Anspruch vermutlich fehlt und wann nicht, stellen wir hier die häufigsten Konstellationen zusammen, bei denen die Flugentschädigung ausgeschlossen bleibt. Dadurch erklärt sich auch, wann und weshalb unser Entschädigungsrechner zu dem Ergebnis kommt, dass Ersatz-Pilot keine Direktentschädigung für einen Flugausfall oder eine Verspätung anbieten kann. Außerdem verrät die nachstehende Aufstellung im Umkehrschluss, wann in der Regel ein Entschädigungsanspruch besteht.

Das Wichtigste in Kürze:

Wenn eine Flugentschädigung laut unserem Entschädigungsrechner ausgeschlossen ist, liegt das fast immer an einem der folgenden vier Gründe:

  • Die Verzögerung ist nicht drastisch genug, weil der Fluggast sein Endziel mit unter drei Stunden Verspätung erreicht.
  • Die Verzögerung geht auf unbeherrschbare Umstände zurück (zum Beispiel auf ein Unwetter, auf Einschränkungen des Flugverkehrs wegen der Corona-Pandemie oder auf sonstige Formen höherer Gewalt).
  • Die Fluggastrechte-Verordnung findet keine Anwendung, weil der Flug nicht in der EU startet oder landet.
  • Die entschädigungspflichtige Airline ist zahlungsunfähig (z.B. Air Berlin, Wow Air, LATAM oder Germania) oder droht, es zu werden. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn eine Fluggesellschaft wegen der schlechten Wirtschaftslage infolge der Corona-Pandemie Gefahr läuft, bereits kurz- oder mittelfristig einen Schuldenschnitt oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen zu müssen.

Wann Flugentschädigung ausgeschlossen ist

Alle Einzelheiten zu den Ausschlussgründen finden sich in den nachstehenden Abschnitten. Liegt keiner der genannten Ausschlussgründe vor, besteht für einen Reisenden höchstwahrscheinlich ein Anspruch auf Flugentschädigung. Zudem können sich in solchen Konstellationen weitere Fluggastrechte ergeben, etwa auf Gepäckentschädigung, Verpflegung und Hotelübernachtungen bis zum verzögerten Abflug.

Grund 1: Flugunregelmäßigkeit nicht erheblich genug

Kein Ausfall oder Nichtbeförderung …

Ausdrücklich gewährt die Fluggastrechte-Verordnung Flugreisenden nur in zwei Fällen einen Anspruch auf Flugentschädigung: Eine Ausgleichszahlung von bis zu 600 € kann Ihnen demnach zustehen, wenn ihr Flug kurzfristig in den letzten zwei Wochen vor Abflug ohne adäquaten Ersatz ausfällt oder ihnen die Beförderung ohne eigenes Verschulden verweigert wurde. Überbuchung und Annullierung waren damit anfangs die einzigen Konstellationen, in denen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung besteht.

… und keine erhebliche Verspätung

Seit 2009 bejaht die Rechtsprechung außerdem noch gravierende Verspätungen als Grund für eine Entschädigung. Erheblich genug sind dabei nach Ansicht der Gerichte allerdings nur Verzögerungen von drei Stunden oder mehr bei Ankunft am Ziel der Reise. Ob eine ausreichende Ankunftsverspätung vorliegt, richtet sich danach, ob die Tür des Flugzeugs am Zielflughafen mindestens 180 Minuten später geöffnet worden ist, als dies nach der planmäßigen Ankunftszeit vorgesehen war (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.11.2009, Aktenzeichen: C-402/07 und C-432/07).

Ein weitere Situation, in der Anspruch auf Flugentschädigung bestehen ergibt sich nach der Rechtsprechung dort, wo sich ein Zubringerflug erheblich verspätet und ein Fluggast seinen Anschlussflug verpasst. Auch hier setzt eine Entschädigungsberechtigung jedoch voraus, dass sich die Verspätung am Endziel auf mindestens drei Stunden beläuft (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs  vom 07.03.2018, Aktenzeichen: C-274/16, C-447/16 und C-448/16).

Übrigens: Um auf Langstreckenflügen die volle Entschädigungshöhe zu erhalten, erfordert die Rechtsprechung orientiert an Art. 7 Abs. 2 Fluggastrechte-Verordnung eine Verspätung von über vier Stunden. Beträgt die Verspätung stattdessen nur mehr als drei Stunden, heißt das zwar nicht, dass eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist. Dafür steht dem Betroffenen jedoch in solchen Fällen nur eine hälftige Ersatzpauschale zu, das heißt nur in Höhe von 300 € statt von 600 €.

Wann Flugentschädigung trotz großer Verspätung oder Ausfall ausgeschlossen ist

Damit bei einer Verspätung die Flugentschädigung nicht ausgeschlossen wird, muss der Flugreisende jedoch zwingend mitfliegen. Organisiert er sich eigenständig eine Ersatzbeförderung oder verzichtet er auf die Reise, verneint die Rechtsprechung reisebedingte Unannehmlichkeiten und damit auch einen Anspruch auf deren Entschädigung (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25.1.2024 – C-474/22).

Und auch bei Annullierungen und bei Nichtbeförderung besteht eine Einschränkung. Gelingt es der Airline, eine Ersatzbeförderung zu organisieren, entbindet sie diese von der Entschädigungspflicht, wenn ein Fluggast dank der Alternative am Zielort maximal zwei Stunden später als geplant ankommt. Erst wenn das nicht gelingt, entsteht der Anspruch auf Ausgleichszahlung. Faustformel: Bei einem Flugausfall besteht Entschädigung nur, wenn ein Fluggast infolgedessen über zwei Stunden verspätet sein Ziel erreicht.

Man kann daher eine gewisse Parallele zum Kaufrecht ziehen. Auch hier erhält der Verkäufer bei Mängeln der Ware zunächst Gelegenheit zur zweiten Andienung. Erst wenn eine Nachbesserung oder Nachlieferung scheitert, erwächst dem Käufer für gewöhnlich ein Recht auf Schadensersatz.

Grund 2: Entschuldigungsgrund für Flugunregelmäßigkeit

Außergewöhnliche Umstände

Wenn die Airline sich ausnahmsweise auf einen Entschuldigungsgrund für die Flugunregelmäßigkeit berufen kann, bleibt ebenfalls eine Flugentschädigung ausgeschlossen. Das haftungserleichternde Zauberwort lautet dabei “außergewöhnliche Umstände” (die nicht mit zumutbaren Anstrengungen umgangen werden können). Geregelt sind sie als Ausschlussgrund für den Entschädigungsanspruch in Artikel 5 Absatz 3 der Fluggastrechte-Verordnung. Außergewöhnliche Umstände im Sinne der Regelung liegen überall dort vor, wo die Störung des Betriebsablaufs auf Faktoren zurückgeht, die sich dem Einfluss der Fluggesellschaft entziehen.

Beispiele für außergewöhnliche Umstände

Entschuldigt ist die Airline insofern in der Regel durch sicherheitsgefährdende Wetterlagen, Streiks der Fluglotsen oder Flughafensperrungen, etwa wegen Bombendrohung. Hierbei handelt es sich jeweils um Fälle von “höherer Gewalt”. Hier liegt auf der Hand, dass man von außergewöhnlichen Umständen sprechen kann.

Zugleich unterfallen dem Begriff aber noch eine Reihe von Vorfällen, die sich zwar auf den ersten Blick von einer Fluggesellschaft steuern lassen, sich aber tatsächlich ihrer Organisationssphäre entziehen. Das betrifft alle Störungen der Arbeitsprozesse an Flughäfen, die nicht exklusiv auf die Abwicklung eines bestimmten Fluges zugeschnitten sind.

Gemeint sind damit etwa der Betrieb des Towers, der Sicherheitskontrollen, der Gepäckabfertigung oder die Schneeräumung auf dem Rollfeld. Sie dienen allen Fluggesellschaften und Passagieren gleichermaßen. Ein Drängen einer einzelnen Airline kann deshalb nicht zu ihrer Privilegierung führen, selbst wenn sie darum bemüht hätte. Das macht Flugunregelmäßigkeiten aus solchen Ursachenherden für Fluggesellschaften typischerweise unbeherrschbar und somit entschuldbar.

Gegenbeispiele für beherrschbare Umstände

Anders verhält es sich aber wiederum dort, wo Mitarbeiter des Flughafens exklusiv als Erfüllungsgehilfen einer bestimmten Fluggesellschaft auftreten. Hierunter fällt beispielsweise das Personal des Caterings und des Flughafens. Letzteres kümmert sich zum Beispiel um das Einladen der Koffer und die Bereitstellung der Einstiegstreppen zum Flugzeug. Einer unserer ersten Fälle bei Gründung von Ersatz-Pilot 2017 betraf beispielsweise eine eintägige Verspätung, die ein Rollfeldmitarbeiter dadurch verschuldet hatte, dass er mit der fahrbaren Fluggasttreppe versehentlich das Flugzeug rammte. Diese Störungsquellen sind als Ursachen für technische Probleme aber eher die Ausnahme. 

Generell gilt: Die häufigen Störungsquellen, nämlich technische Defekte, Umorganisationen des Flugplans und Ausfälle der Crew (z.B. durch Krankheit) hat eine Airline in aller Regel zu vertreten. Insofern besteht meistens kein Hindernis für eine Entschädigungsberechtigung.

Zumutbare Gegenmaßnahmen

Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechte-Verordnung schließt eine Entschädigungspflicht der Airlines allerdings erst aus, wenn nicht nur unbeherrschbare außergewöhnliche Umstände auftreten, sondern es der Fluggesellschaft zudem unmöglich war, daraus folgende Verzögerungen abzuwenden. Auch diese Voraussetzung muss erfüllt sein, damit eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist.

Grundsatz

Nichtsdestotrotz vereiteln in der Praxis unkontrollierbare Fälle von höherer Gewalt meist auch Gegenmaßnahmen. Gefährdet ein Unwetter den Luftverkehr, betrifft dies meistens gleichermaßen ein etwaiges Ersatzflugzeug. Dasselbe gilt bei Beschränkungen von Flugverbindungen durch Streiks, Reglementierungen der Flugsicherung, den Ausfall eines Towers oder eine Flughafensperrung.

Ohnehin hält die Rechtsprechung nur bestimmte Maßnahmen für zumutbar, die eine Verzögerung verringern könnten. Eine Subcharteranfrage kommt in der Regel nur mit hinreichender Vorlaufzeit in Betracht; bei plötzlichen Flugausfällen trifft die Airline nur ein stark verkürztes Pflichtenprogramm. Ein Ersatzflugzeug bereitzustellen, ist dann meistens nur zumutbar, wenn es zufällig schon am Startflughafen in Reserve steht (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.02.2018, X ZR 23/17). Und selbst in derartigen Konstellationen kann sich die Fluggesellschaft angesichts außergewöhnlicher Umstände meistens damit entlasten, dass diese auch eine rechtzeitige Alternativbeförderung verhinderten.

Umbuchung

Zu denken ist gelegentlich noch an eine Umbuchung eines einzelnen Fluggastes auf eine andere Maschine als weitere Hilfsmaßnahme. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof geurteilt, dass Airlines hierzu mitunter verpflichtet sind, um einer Pflicht zur Flugentschädigung zu entgehen (Urteil vom 11.06.2020, C‑74/19). Im Jahr 2023 hat der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass es nicht darauf ankommt, ob die Verspätung durch Umbuchung auf unter drei Stunden gesenkt werden kann. Stattdessen muss die Airline nachweisen, dass keine zumutbare Möglichkeit einer wie auch immer früheren Ankunftszeit im Vergleich zur Zeit der tatsächlichen Ankunft am Zielflughafen bestand (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2023, X ZR 107/22). Zugleich entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.6.2014 einschränkend, dass solche individuellen Maßnahmen im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechte-Verordnung nicht pauschal als zumutbar gelten. Voraussetzung ist stets, dass zur Zeit der Flugunregelmäßigkeit auf Ersatzverbindungen für eine Umbuchung noch ausreichend Restkontingente zur Verfügung standen.

In der Gesamtschau gestaltet sich die Rechtslage so, dass eine Umbuchung lediglich als zumutbare Gegenmaßnahme in Betracht kommt, wo auf einer bestimmten Strecke zu einer konkreten Zeit nur eine Flugverbindung verkehrt, nämlich die verspätete oder ausgefallen. Dann kann der Airline auch weiterhin nicht zugemutet werden, Abhilfe zu schaffen. Denn wo kein anderer Linienflug mit freien Plätzen verkehrt und sich auf die Schnelle kein Ersatzflugzeug chartern lässt, sind auch der Fluggesellschaft die Hände gebunden.

Eine Entlastung der Fluggesellschaft von ihrer Ausgleichspflicht ist also grundsätzlich auch dann möglich, wenn es in Betracht gekommen wäre, einzelne Passagiere auf schnellere Ersatzverbindungen umzubuchen, solange zur jeweiligen Flugzeit überhaupt andere Linienflüge vom Start- zum Zielflughafen verkehrten und kurzfristig noch Kapazitäten verfügbar waren. Folglich verhindern zumutbare Gegenmaßnahmen dort, dass eine Flugentschädigung ausgeschlossen wird, wo sich eine um mehr als 3 Stunden verzögerte Ankunft am Zielort weder für Einzelne durch Umbuchung vermeiden ließ noch im Ganzen, etwa durch Bereitstellung eines Alternativflugzeuges.

Zwischenfazit

Prinzipiell gilt daher: Verursachen Probleme mit Crew oder Flugzeug eine Flugunregelmäßigkeit, muss die Airline dafür einstehen. Bewirken hingegen Umweltbedingungen oder Störungen im Betrieb eines Flughafens Ausfälle oder Verzögerungen, entschuldigt dies die einzelne Fluggesellschaft typischerweise. Die nachstehende Grafik veranschaulicht dies noch einmal. In den Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft fällt alles rings um die Flugzeuge, die sie einsetzt und die deshalb in ihrer Organisationssphäre liegen (grüner Bereich). Das betrifft vor allem die Technik, die Crew und die Zulieferer einer einzelnen Maschine (z.B. für das Catering etc.). Allgemeine Beeinträchtigungen der Abläufe an einem Flughafen oder das Wetter gelten hingegen als außergewöhnliche Umstände (roter Bereich). Sie liegen jenseits der Organisationssphäre der Airline und führen in der Regel dazu, dass eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist.

Flugentschädigung ausgeschlossen bei Verspätungsursachen aus dem roten Bereich

Einzelne Beispiele außergewöhnlicher Umstände

Die Rechtsprechung hat im Laufe der Jahre klar herausgearbeitet, welche Ursachen für Flugunregelmäßigkeiten als außergewöhnlich gelten und welche nicht. Fällt also einmal die Einordnung unter den obigen Grundsatz schwer, erleichtert folgende Aufstellung die Abschätzung, inwiefern eine Flugentschädigung ausgeschlossen bleibt.

Anerkannte außergewöhnliche Umstände (Flugentschädigung ausgeschlossen)

Den Anspruch auf eine Flugentschädigung verneinen Gerichte in der Regel, wenn einer der folgenden außergewöhnlichen Umstände auftritt:

  • Flugverkehrsbeschränkungen

    • Reisewarnungen und Einreisebeschränkungen (z.B. im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie; siehe Auslegungshinweise der EU-Kommission)
    • Anordnungen der Flugsicherungsbehörden (z.B. wegen einer Überlastung des Luftraums oder wegen eingeschränkter Sichtverhältnisse in der Einflugs- oder Abflugschneise eines Flughafens; siehe Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.11.2013, Aktenzeichen X ZR 115/12; ferner Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.11.2019, 46 C 25/19)
  • Technische Probleme am Flugzeug

    • Beschädigung auf dem Rollfeld
      • durch fremde herumliegende Gegenstände (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 04.04.2019, Aktenzeichen C-501/17; Landgericht Darmstadt, Urteil vom 23.7.2014, 7 S 126/13; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017, 5 S 103/17; Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 18.1.2018, 35a C 325/16)
    • Beschädigung durch Passagiere (z.B. durch Betätigung der Notrutsche; Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 18.9.2013, Aktenzeichen 22a C 214/12)
    • Sabotage (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22.12.2008, Aktenzeichen C-549/07)
    • Beschädigung durch Tiere, z.B.
      • Vogelschlag (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 04.05.2017, Aktenzeichen C-315/15; Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.09.2013, Aktenzeichen X ZR 160/12)
      • Insekt oder Biene im Staurohr (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 24.7.2013, Aktenzeichen 3 C 2159/12-36)
      • Nagetier an Bord (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 8.10.2014, Aktenzeichen 47 C 17099/13)
    • Beschädigung durch Witterungsbedingungen (z.B. Blitzschlag) (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 18.1.2017, 3 C 751/16-31)
  • Personenbezogene Probleme

    • Streik (siehe bereits Erwägungsgrund 14 der Fluggastrechte-Verordnung)
      • Arbeitsniederlegung des Bodenpersonals, nicht aber der Besatzung (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23.03.2021, Aktenzeichen C-28/20; siehe ferner Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.8.2012, Aktenzeichen X ZR 138/11)
      • Arbeitskampf des Flughafenpersonals (Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 9.5.2014, Aktenzeichen 36a C 462/13; Amtsgericht Hannover, Urteil vom 26.11.2014, 506 C 3954/14)
      • Arbeitsniederlegung der Fluglotsen (siehe Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23.03.2021, Aktenzeichen C-28/20; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.06.2014, Aktenzeichen X ZR 121/13; Amtsgericht Königs Wusterhausen, Urteil vom 15.12.2017, Aktenzeichen 4 C 486/17)
    • Abflugverzögerung durch Behörden (z.B. an den Sicherheitskontrollen) (AG Rüsselsheim, Urteil vom 15.6.2015, Aktenzeichen 3 C 958/15-42; vergleiche Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.09.2018, Aktenzeichen X ZR 111/17)
    • Pandemiebedingter Personalnotstand (siehe Auslegungsleitlinien der EU-Kommission zu den EU-Verordnungen über Passagierrechte vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Situation im Zusammenhang mit Covid-19 vom 18.03.2020, Aktenzeichen 2020/C 89 I/01)
    • Erkrankung oder Tod eines Passagiers, insbesondere wenn das Flugzeug umdrehen oder zwischenlanden muss (Landgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 21.3.2014, Aktenzeichen 2-24 S 160/13)
    • Behinderung der Flugdurchführung durch Mitreisende
      • wegen Flugangst (Landgericht Landshut, Urteil vom 11.4.2017, Aktenzeichen 14 S 111/17; Urteil vom 25.4.2017, Aktenzeichen 12 S 209/17)
      • wegen aggressiven Verhaltens (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11.06.2020, Aktenzeichen C-74/19; Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 8.2.2017, Aktenzeichen 3 C 742/16-36)
    • Selbstverschuldetes Verpassen eines Anschlussfluges trotz hinreichender Mindestumsteigezeit (Amtsgericht Hannover, Urteil vom 14.3.2017, Aktenzeichen 523 C 12833/16)
  • Organisatorische Probleme am Flughafen

    • Flugsicherungsprobleme, z.B.
      • verspätete Startfreigabe eines Fluges (Amtsgericht Erding, Urteil vom 15.4.2016, Aktenzeichen 7 C 1934/15)
      • Ausfall des Radargerätes der Flugsicherung (Amtsgericht Erding, Urteil vom 18.4.2011, Aktenzeichen 2 C 1053/11)
      • verspätete Landeerlaubnis eines Fluges (Handelsgericht Wien, Urteil vom 6.10.2017, Aktenzeichen 1 60 R 62/17y)
      • Defekt des Computersystems der Flugsicherung (Landesgericht Korneuburg, Urteil vom 7.5.2015, Aktenzeichen 21 R 97/15k)
    • Flughafensperrung (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16.06.2019, Aktenzeichen C-159/18; siehe ferner Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 31.8.2006, Aktenzeichen 30 C 1370/06)
    • Sperrung einer Landebahn (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 06.12.2018, 5 S 128/18; Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2016, Aktenzeichen 11c C 25/16)
    • Probleme der Gepäckabfertigung (z.B. Personalmangel oder Ausfall des IT-Systems des Flughafens zur Gepäckzuordnung, siehe Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.01.2019, Aktenzeichen X ZR 15/18 und X ZR 85/18)
  • Witterungsbezogene Probleme

    • Sicherheitsgefährdende Unwetter (z.B. Schneesturm, starke Winde, Gewitter, Hagelstürme; siehe etwa LG Frankfurt a. M., Urteil vom 14.3.2014, Aktenzeichen 2-24 S 110/13)
      • am Start- oder Zielflughafen
      • auf dem Umlauf des Flugzeugs vor dem Start
    • Sperrung des Luftraums für den Flugverkehr (AG Rüsselsheim, Urteil vom 17.2.2015, Aktenzeichen 3 C 4758/14-34)
    • Sturmböen oder Scherwinde (Amtsgericht Frankfurt a. M. 3.12.2019, Aktenzeichen 31 C 3485/18-96)
    • Nebel (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.3.2020, Aktenzeichen 22 S 199/19)
    • Mangelhafte Schneeräumung am Flughafen (OGH, Urteil vom 16.11.2012, Aktenzeichen 6 Ob 131/12a)
  • Politische Unruhen

    • Bürgerkrieg oder Staatsstreich am Reiseziel (AG Rüsselsheim, Urteil vom 9.10.2014, Aktenzeichen 3 C 2404/14-38)

Außergewöhnliche Umstände schließen allerdings ausnahmsweise dort eine Flugentschädigung nicht aus, wo sie sich schon vor dem eigenen Flugumlauf bzw. am Vortag ereignen. Hier lehnen die Gerichte zurecht ab, dass die Flugunregelmäßigkeit auf die geltend gemachten unbeherrschbaren Vorkommnisse “zurückgeht”. Dies wäre jedoch die Voraussetzung, damit nach Art. 5 Abs. 3 FlugastrechteVO eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist. Entsprechend bestätigten in solchen Konstellation eine Flugentschädigung unter anderem das AG Erding (Urteil vom 14.7.2022 Aktenzeichen 113 C 4971/21), das AG Königs Wusterhausen (Urteil vom 17.2.2016, Aktenzeichen 4 C 1942/15), das LG Korneuburg (Urteil vom 22.8.2015, Aktenzeichen 22 R 34/15b) und das LG Hannover (Urteil vom 30.11.2015, Aktenzeichen 1 S 33/13).

Anerkannte gewöhnliche Umstände

Eine Entschädigungsberechtigung bejahen Gerichte bei folgenden Ursachen einer Flugverspätung oder -annullierung:

  • Technische Probleme am Flugzeug

    • Technischer Defekt ohne unmittelbare Fremdeinwirkung, z.B.
      • Triebwerkschaden (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 7.5.2009, Aktenzeichen 22 S 215/08)
      • Schaden am Fahrwerk (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 20.4.2011, Aktenzeichen 13 S 227/10)
      • Defekt an der Kerosinzufuhr (Landgericht Korneuburg, Urteil vom 1.12.2020, 22 R 265/20)
      • Kraftstoffleckage (Amtsgericht Hannover, Urteil vom 22.1.2014, Aktenzeichen 526 C 7704/12)
      • Ausfall des Wetterradars (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 20.4.2012, Aktenzeichen 3 C 2273/11)
      • Defekt der Höhenrudersteuerung (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 25.3.2011, Aktenzeichen 3 C 289/11)
      • Undichtes oder anderweitig beschädigtes Cockpitfenster (Bezirksgericht Schwechat, Urteil vom 8.1.2015, Aktenzeichen 1 C 199/14x)
      • Defekt an einer Notrutsche (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 20.7.2010, Aktenzeichen 3 C 1316/09-32)
      • Reifenschaden wegen starker Abnutzung (Landgericht Hamburg, Urteil vom 12.6.2017, Aktenzeichen 309 S 105/16; Landgericht Stuttgart, Urteil vom 7.12.2017, Aktenzeichen 5 S 103/17)
    • Beschädigung des Flugzeugs durch Erfüllungsgehilfen der Airline (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2016, Aktenzeichen 11c C 25/16)
      • bei Be- und Entladung des Gepäcks (Landgericht Darmstadt, Urteil vom 26.3.2010, Aktenzeichen 7 S 201/09)
      • durch ein Treppenfahrzeug (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14.11.2014, Aktenzeichen C-394/14)
      • im Zuge der Catering-Belieferung (Amtsgericht Köln, Urteil vom 12.5.2014, Aktenzeichen 142 C 600/13)
      • durch ein Fahrzeug zum Schleppen des Flugzeugs (Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil vom 27.7.2012, Aktenzeichen 3 C 468/12)
    • Beschädigung auf dem Rollfeld durch Kollision mit einem anderen Flugzeug (Amtsgericht Nürtingen, Urteil vom 31.10.2017, Aktenzeichen 10 C 1551/15)
  • Personenbezogene Probleme

    • Erkrankung oder Tod eines Besatzungsmitglieds (Landgericht Hannover, Urteil vom 11.1.2018, Aktenzeichen 8 O 299/17; Landgericht Darmstadt, Urteil vom 23.5.2012, Aktenzeichen 7 S 250/11)
    • Fehlerhafte Personalplanung und infolgedessen Überschreitung maximal zulässiger Arbeitszeiten der Besatzung (Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 3.6.2016, Aktenzeichen 30 C 4307/15-71) 
  • Organisatorische Probleme am Flughafen

    • Umorganisation des Flugplans (z.B. Einsatz einer Maschine für einen anderen Flug; Amtsgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 4.3.2015, Aktenzeichen 29 C 3128/14)
    • Verzögerung der Abfertigung beim Check-in und Boarding durch Mitarbeiter der Fluggesellschaft (Landgericht Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017, 5 S 142/17; Amtsgericht Hannover, Urteil vom 6.12.2012, Aktenzeichen 522 C 7701/12; Amtsgericht Erding, Urteil vom 13.2.2023, 117 C 1149/22)
    • Umbuchung durch den Reiseveranstalter (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.8.2012, Aktenzeichen X ZR 146/11)
    • Treibstoffmangel (Tribunais de Comarca Lisboa (Handelsgericht Lissabon, 15. Kammer), Urteil vom 15.1.2018, Aktenzeichen 14138/17.1T8LSB; Landgericht Korneuburg, Urteil vom 1.12.2020, 22 R 265/20f)
    • Verspätung des Einstiegs von Passagieren wegen Verzögerung von Pushback-Fahrzeugen auf dem Rollfeld (Amtsgericht Hannover, Urteil vom 3.5.2016, Aktenzeichen 446 C 7085/15; Landgericht Frankfurt a. M.; Urteil vom 14.2.2020, Aktenzeichen 2-22 S 5/20)
  • Witterungsbezogene Probleme

    • Mangel an Enteisungsmittel (Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 19.11.2013, 2 U 3/13; LG Köln, Urteil vom 9.4.2013, Aktenzeichen 11 S 241/12)

Bewusst übergeht unsere Übersicht das Nachtflugverbot als mögliche Ursache einer über dreistündigen Verspätung. Denn dieses wirkt sich stets bloß verschärfend aus. Dass überhaupt ein Start oder eine Landung in das Zeitfenster eines Nachtflugverbots fällt, liegt hingegen immer an vorausgehenden Verzögerungen. Allein deren Ursache ist nach Auffassung der Rechtsprechung maßgeblich dafür, ob ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt und eine Flugentschädigung ausgeschlossen bleibt. Dies ergibt sich aus der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (siehe Bundesgerichtshof, Urteil vom 7.5.2013, Aktenzeichen X ZR 127/11; bestätigt durch BGH, Urteil vom 16.4.2019, X ZR 43/18; vergleiche auch Schmid, in: BeckOK-Fluggastrechte-Verordnung, Art. 5, Rn. 116).

Grund 3: Flug ohne hinreichenden EU-Bezug

Die Fluggastrechte-Verordnung gewährt Ausgleichszahlungen grundsätzlich nur bei Flugunregelmäßigkeiten auf Flügen, die in der EU starten sollen. Flüge, bei denen nur der Zielflughafen in der EU liegt, kommen lediglich dort für eine Entschädigung in Betracht, wo die ausführende Airline ihren Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat hat. EU-Staaten gleichgestellt sind die assoziierten Länder, in denen teilweise EU-Recht Anwendung findet (Island, Liechtenstein und Norwegen).

Grundlage für die Gültigkeit der Fluggastrechte-Verordnung in der Schweiz sind der Beschluss Nr. 1/2006 und der Beschluss Nr. 1/2014 vom 9.7.2014 des Gemischten Luftverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz. Hieran hält der Gemischte Luftverkehrsausschuss auch mit Beschluss Nr. 1/2017 vom 29.11.2017 fest.

Alle außereuropäischen Flüge bleiben schon dem Anwendungsbereich der Fluggastrechte-Verordnung nach außer Frage, sodass hier jeweils eine Flugentschädigung ausgeschlossen ist. Das gleiche gilt für Flüge außereuropäischer Fluggesellschaften, die nur in der EU landen, aber nicht starten. Jenseits der EU finden sich leider keine Regelungen, die Passagieren ein Schutzniveau bieten, das mit dem der Fluggastrechte-Verordnung vergleichbar ist. Für Flugunregelmäßigkeiten auf sonstigen Verbindungen können wir unseren Dienst daher leider nicht anbieten, weil hier eine Flugentschädigung ausgeschlossen bleibt.

Grund 4: Zahlungsunfähigkeit oder ungewisse Fortführung der Airline

Insolvenz

Darüber hinaus steht unser Dienst ausnahmsweise dort nicht bereit, wo ein Entschädigungsanspruch besteht, aber wertlos geworden ist. Konkret handelt es sich um Fälle, in denen die jeweilige Fluggesellschaft zwar Entschädigung zahlen muss, aber nicht mehr kann, weil ihre Insolvenz kurz bevorsteht oder schon eingetreten ist. Hier verhindert die Zahlungsunfähigkeit trotz des Rechtsanspruchs faktisch eine Ersatzleistung. Betroffen sind hiervon beispielsweise Flüge, die bis 2017 Air Berlin oder NIKI durchgeführt haben. Das Gleiche gilt für Verbindungen der Small Planet Airlines, die 2018 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anmelden musste. Ebenso ungeeignet für die Auszahlung einer Entschädigung sind Forderungen gegen andere inzwischen insolvente Airlines wie Germania, Wow Air, Monarch und Alitalia.

Erhöhtes Ausfallrisiko

Daneben kommt es bei vereinzelten Fluggesellschaften zu einer weiteren ungünstigen Sonderkonstellation, wegen der zumindest Ersatz-Pilots direkte Flugentschädigung teilweise ausgeschlossen ist. Hier stehen wir angesichts der hoch defizitären Unternehmensentwicklung vor dem Risiko, dass die Airline möglicherweise nicht mehr lange genug fortgeführt wird, bis wir Ansprüche erfolgreich (gerichtlich) durchsetzen können. Diese Gefahr bewerten wir als nicht unerheblich, wenn eine Fluggesellschaft angesichts der kleinen Flottengröße und der beträchtlichen Fixkosten des Flugzeugbetriebs nahezu strukturimmanent Verluste erwirtschaftet. Auch beobachten wir in diesem Zusammenhang die jüngsten Jahresabschlüsse sowie sonstige Meldungen zu wirtschaftlichen Kennzahlen.

Erhöhte Insolvenzgefahr infolge der Corona-Pandemie

Vor allem aufgrund der Corona-Krise nehmen wir wahr, dass zahlreiche Airlines am Rande einer Insolvenz stehen, weil sich das Fluggastaufkommen wegen der Beschränkungen des Reiseverkehrs zeitweise um bis zu 99% reduziert hat. Fehlt es Fluggesellschaften an ausreichenden Cash-Reserven und ist die Bewilligung von Staatshilfen oder die Zustimmung der EU-Kommission hierzu ungewiss, sind wir gezwungen, zumindest vorübergehend eine erhöhte Ausfallgefahr anzunehmen. Wir müssen daher in entsprechenden Fällen damit rechnen, dass die jeweilige Fluggesellschaft die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, ehe es uns gelingen würde, Forderungen gegen sie durchzusetzen.

Zuweilen erkennen wir aufgrund dieser Datenlage eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Gesellschafter oder Fremdkapitalgeber einer Airline in absehbarer Zeit beschließen, ihre Verluste zu begrenzen und dem Unternehmen zusätzliche Mittel zu versagen. Dass dieses Problem in der Corona-Krise aufgrund der massiven Umsatzeinbrüche real ist, zeigen Beispiele selbst großer Airlines wie LATAM, Virgin Atlantic und Czech Airlines. Etliche kleinere Fluggesellschaften haben zwar noch nicht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt, sind aber inzwischen bilanziell überschuldet, ohne in ausreichendem Maße mit staatlichen Überbrückungshilfe versorgt zu werden. Mit einer Zahlungsunfähigkeit ist in solchen Fällen so zeitnah zu rechnen, dass wir befürchten müssen, Forderungen nicht rechtzeitig vorher gerichtlich durchsetzen zu können.

Konsequenzen für die Verfügbarkeit unseres Entschädigungsdienstes

Wegen eines dadurch gesteigerten Ausfallrisikos reduzieren wir die von uns bearbeitete Zahl der Fälle im Hinblick auf Problemflüge der jeweiligen betroffenen Fluggesellschaft. Ist das Kontingent ausgeschöpft, stehen wir aufgrund dieser Risikolage ausnahmsweise nicht zur Verfügung, um für Ansprüche gegen eine betroffene Fluggesellschaft Direktzahlungen zu gewähren. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir aufgrund der verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Flugbetrieb vorübergehend gegen eine Mehrzahl von Fluggesellschaften nur limitierte Kontingente an Forderungen ankaufen.

Auch in Fällen eines gesteigerten Ausfallrisikos stehen Fluggäste erfreulicherweise nicht völlig chancenlos da. Hier ermuntern wir dazu, den jeweiligen Fall einmal bei anderen Fluggastportalen in die Prüfung zu geben. Eine aktuelle Übersicht der anderen etablierten Fluggasthelfer im Jahr 2021 findet sich beispielsweise auf dem Legal Tech Vergleichsportal Qamqam. Die dort gelisteten Inkasso-Flugentschädiger wie Flightright oder EUclaim, die Kunden erst nach erfolgreicher Durchsetzung ihrer Rechte auszahlen, betrifft das Insolvenzrisiko weniger als uns. Hier besteht also die Möglichkeit, dass Fluggäste doch eine Zahlung erhalten, ohne sich selbst um die Rechtsverfolgung kümmern zu müssen.

Sonstige Gründe, weshalb Flugentschädigung ausgeschlossen sein kann

Die gute Nachricht ist: Falls keiner der bisher gelisteten Gründe auftritt, berechtigt die Fluggastrechte-Verordnung einen Reisenden höchstwahrscheinlich zu einer Flugentschädigung. Ausnahmen ergeben sich allenfalls noch dort, wo besondere individuelle Eigenschaften eines Fluggastes oder Sonderumstände der konkreten Flugunregelmäßigkeit einen Anspruch ausschließen. Angesprochen ist damit beispielsweise die Buchung eines Tickets über einen öffentlich nicht verfügbaren besonders günstigen Mitarbeitertarif.

Gesonderte Erwähnung verdienen insoweit konkret wegen ihrer erhöhten Häufigkeit aber bloß folgende Ausschlusstatbestände:

Verjährung

Zu nennen ist in diesem Zusammenhang zunächst die Verjährung der Forderung gegen die Airline.

Vielleicht ist Ihnen bereits bei Prüfung eines älteren Fluges aufgefallen, dass in unserem Entschädigungsrechner die Auswahl des Flugdatums begrenzt ist. “Schuld” hieran ist die Verjährung Ihrer Ansprüche. Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung unterliegen bei Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß § 195 BGB der sogenannten Regelverjährung. Dies bedeutet, dass diese Ansprüche grundsätzlich drei Jahren nach ihrer Entstehung verjährt sind. Die Airline kann nach Ablauf dieser Zeit die so genannte Einrede der Verjährung erheben. Das führt dazu, dass Sie Ihre Ansprüche nicht mehr durchsetzen können und Klagen vor Gericht als unbegründet abgewiesen werden.

Zu beachten ist allerdings, dass für den Beginn der Verjährung nicht auf den Tag Ihres Fluges abzustellen ist, sondern gemäß § 199 Abs. 1 BGB die Verjährung mit Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Flug durchgeführt wurde bzw. durchgeführt werden sollte.

Vereinfacht gesagt können Sie also Forderungen geltend machen, die bis zu drei Jahre vor dem aktuellen Jahr entstanden sind. Fand also beispielsweise Ihr verspäteter Flug im Jahr 2021 statt (dabei ist egal, ob es schon am 01.01.2021 oder erst am 31.12.2021 war), können Sie diesen Anspruch noch bis zum Ablauf des 31.12.2024 geltend machen. Hierbei sollten Sie allerdings bedenken, dass Ersatz-Pilot weniger als 3 Wochen vor Ablauf der Verjährungsfrist keine Ansprüche mehr direktentschädigen kann. Denn um die Verjährungsfrist zu hemmen, müssen wir klagen. Und das ist natürlich erst möglich, wenn Ihr Anspruch auf uns übergegangen ist und wir der Airline außergerichtlich einige Wochen Gelegenheit gegeben haben, freiwillig zu zahlen. Daher raten wir Ihnen, sich möglichst zeitnah um eine Entschädigung zu bemühen und nicht bis zum Ende der Verjährungsfrist zu warten.

Rechtzeitige Annullierungsmitteilung

Darüber hinaus kann sich eine Airline nach Art. 5 Abs. 1 lit. c der Fluggastrechte-Verordnung trotz Flugannullierung von der Verpflichtung einer Entschädigungszahlung befreien, wenn sie bestimmte Voraussetzungen wie die frühzeitige Unterrichtung über die Annullierung beziehungsweise eine späte Unterrichtung mit Unterbreitung eines Angebots zur anderweitigen Beförderung erfüllt.

Bei der Unterrichtung unterscheidet man zwischen einer ,,langfristigen“ und einer ,,kurzfristigen“ Unterrichtung. Je nachdem, wann die Airline über die Annullierung benachrichtigt, kann sie sich nur von der Entschädigungspflicht entledigen, wenn sie auch ein Angebot für eine Ersatzbeförderung unterbreitet. Je nach Zeitpunkt der Annullierungsmitteilung entfällt der Anspruch auf Flugentschädigung in folgenden Fällen:

  1. Der Fluggast wurde mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen über die Annullierung informiert (Art. 5 Abs. 1 lit. c Ziff. i).
  2. Der Fluggast wurde erst in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der geplanten Abflugzeit unterrichtet, ZUSAMMEN mit einem Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihm ermöglicht, nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und sein Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen (Art. 5 Abs. 1 lit. c Ziff. ii);
  3. Der Fluggast wurde erst weniger als sieben Tage vor der planmäßigen unterrichtet, ZUSAMMEN mit einem Angebot zur anderweitigen Beförderung, das es ihm ermöglicht, nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abzufliegen und sein Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit zu erreichen (Art. 5 Abs. 1 lit. c Ziff. iii).

(Schmid, in: BeckOK-Fluggastrechte-Verordnung, Art. 5, Rn. 35)

Zu beachten ist allerdings, dass Adressat der Unterrichtung der von der Annullierung betroffene Fluggast sein muss. Haben Sie also über eine Flugreisevermittler (z.B. kiwi.com, opodo.de, etc.) Ihren Flug gebucht, ist es nicht ausreichend, dass dieser Vermittler die Information der Airline erhält. Stattdessen müssen Sie als Fluggast diese Information erhalten haben. Nur die Mitteilung an Sie ist für den Ausschlussgrund der hinreichend frühzeitigen Annullierungsmitteilung ausschlaggebend. Sollte der Reisevermittler die Information nicht an Sie weitergeleitet haben, geht dies aufgrund des Übermittlungsrisikos zu Lasten der Airline (siehe Landgericht Landshut, Urteil vom 14.12.2016, Aktenzeichen 13 S 1146/16). 

Im Rahmen des Angebots der anderweitigen Beförderungen ist ferner zu beachten, dass die Ersatzbeförderung zum Ausschluss des Entschädigungsanspruchs mit einem Flug erfolgen muss, der nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit startet und das Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht.

Genaue Prüfung der Entschädigungsberechtigung

Ob bei einem konkreten Flug Fluggäste entschädigungsberechtigt sind, ermittelt im Einzelnen unser Entschädigungsrechner. Sind Sie sich unsicher, empfehlen wir Ihnen eine kostenlose Prüfung im verlinkten Formular.

Autoreninformation

Der Artikel wird gemeinschaftlich von der Online-Redaktion von Ersatz-Pilot aktuell gehalten und wurde zuletzt am 18.03.2024 überarbeitet.